Erfolgreiche Markenführung ist ein Marathon und kein Sprint
Christoph Engl ist ein ausgewiesener Markenexperte. Als Direktor der Südtirol Marketing Gesellschaft war er verantwortlich für die erfolgreiche Stärkung der Tourismusmarke „Südtirol“, als Partner bei Deutschlands führender Markenberatung Brand Trust beriet er Standorte zur Markenentwicklung. Derzeit steht er als CEO der Oberalp Group in der Verantwortung für ein Bündel erfolgreicher Bergsportsport-Marken. LennardtundBirner spricht mit ihm über das Verständnis für Marke und die Herausforderungen bei ihrer Führung.
Herr Engl, was sind für Sie die Voraussetzungen für den Aufbau einer erfolgreichen Standortmarke?
Für eine Marke brauchen Sie eine starke Idee. Diese leitet sich nicht aus einer bunten Vielfalt, sondern aus den Kompetenzen des Standorts ab. Ein wichtiges Grundgesetz der Markenführung lautet: Marken wachsen durch Fokus und Anziehung, und nicht durch Ausdehnung. Je mehr Sie diesen Grundsatz beherzigen, desto besser gelingt Ihnen der Aufbau einer starken Marke. Nur mit Fokus können Sie Kompetenzen immer weiter stärken, Leistungspakete schnüren und schließlich attraktiv werden. Wer verwässert, verliert im Standortwettbewerb.
Warum wird Marke oft mit Logo und Claim gleichgesetzt?
Das Marketing bringt die Marke nur in die Wahrnehmung. Wenn ich nicht weiß, was ich vermarkten soll, muss ich auf Allgemeinplätze setzen und coole Sprüche erfinden. Das ist aber Bling Bling ohne Grundlage. Die Überzeugungskraft einer Marke liegt in ihren Themen und Leistungen – und nicht in einem flotten Spruch oder einem schönen Logo. Ich habe noch keine Marke erlebt, die wegen ihres Logos gekauft wird. Es ist vielmehr die Frage zu stellen: Wieso glauben Sie, dass Unternehmen sich für Sie entscheiden? Diese Entscheidung hat ausschließlich damit zu tun, ob die Unternehmen an Ihrem Standort ihre eigene Idee mit der starken Idee des Standortes verbinden können. Warum denken Sie baut Nike seine Schuhmodelle in Montebelluna in Italien? Nicht weil es hier Sonne und grüne Hügel gibt. Sondern weil sich in diesem 31.000-Einwohner-Ort eine Kompetenz-Konzentration zur Entwicklung von Sportschuhen ergeben hat. Auch unsere Oberalp-Gruppe hat dort ihr Entwicklungszentrum für Bergschuhe, Laufschuhe und technisches Bergequipment. Wie das Logo von Montebelluna aussieht, hat weder Nike noch uns je interessiert.
Diese Knowhow-Konzentration nennen wir bei LennardtundBirner wirtschaftliche Kompetenzfelder. Deren genaue Analyse ist als Grundlage für das Standortmarketing ebenso entscheidend wie für die Wirtschaftsförderungs-Arbeit. Doch die Kommunalpolitik tut sich schwer damit, auf diese zu fokussieren.
Ein alter Politikergedanke ist: Je heterogener man sich aufstellt, desto eher wird man gewählt. Dass das nicht funktioniert, sieht man gerade in Deutschland. Menschen wollen Klarheit, wollen Konzentration, wollen wissen, wofür jemand steht. Als Markenexperte sage ich auch: Die Entwicklung starker Kompetenzen hat nichts mit Fördermitteln zu tun. Daraus entwickeln sich keine Stärken. Das verpufft, sobald die Gelder woanders hingehen.
Für den Aufbau von Kompetenzen braucht es konsequente Markenführung. Was sind die Hindernisse dafür?
Der erste Grund: Marke ist Marathon. Viele laufen los und nach 4000 Metern geht ihnen die Luft aus. Sie haben negiert, dass sie das zehnfache Durchhaltevermögen brauchen, weil sie 42 Kilometer laufen müssen. Für einen Marathon müssen Sie trainiert antreten, sich die Strecke gut einteilen. Es geht nicht um schnelle Erfolge, die in der Politik so gerne gesehen werden. Marke muss sich entwickeln, muss Kreise ziehen, das geht auf keinen Fall von heute auf morgen. Marke ist ein konsistentes Leistungsversprechen, das sich über viele Jahre in ein positives Vorurteil verwandelt hat. Marke wird dann geglaubt und nicht mehr in Frage gestellt.
Der zweite Grund: Einige schaffen es durchaus, ihre Markenidee zu definieren – oft mit Hilfe der wenigen guten Markenberater. Doch sie scheitern an der stringenten Umsetzung. Sie bleiben nicht auf dem Pfad, den sie sich vorgenommen haben. Sie zweifeln schon nach mehreren Kilometern an der eingeschlagenen Richtung. Doch gerade beim Aufbau einer Standortmarke darf man sich nicht irre machen lassen. Dagegenzuhalten ist eine schwierige Aufgabe. In Südtirol haben wir 25 Jahre gebraucht, bis die Tourismusmarke und Standortmarke als Dachmarke Südtirol zu einer hochpreisigen Qualitätsmarke wurde. Das brauchte veränderte Leistungsprofile von Hotels, Marktführer der Industrie, eine vorbildhafte öffentliche Infrastruktur, ein funktionierendes Verkehrssystem … und dies alles braucht eine klare Richtung und die Zeit des Schaffens. Aufbau einer Marke hat nichts mit Werbung zu tun, sondern mit profilierter Leistung nach einem definierten Bauplan.
Wer sollte dafür der Markenführer sein?
Marke wird nur in der Hand von Leuten etwas, die unternehmerisch denken und wissen: Ich muss in Kompetenzen, in Themen investieren, ich muss in Vorleistung gehen. Marke ist Chefsache. Sie gehört in die Hand der obersten Entscheider. Auch halte ich viel von einer vertrauensvollen Arbeitsteilung zwischen Politik als Geldgeber und strategischen Umsetzungsprofis, die wissen, wie der Marathon zu laufen ist. Ihnen den Rücken zu stärken, ihnen das langfristige Vertrauen und die Mittel zu geben ist eine gute Voraussetzung für den Aufbau und das Führen einer erfolgreichen Standortmarke.
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