Herr Winkelkötter, Starnberg hat sich 2016 dazu entschlossen, Wirtschaftsförderung und Tourismus in einer gemeinsamen Organisation zusammenzuführen. Was war der Anlass und was versprach man sich davon?
Für den damaligen Landrat Karl Roth klar, dass die neue Positionierung der Region, die auf eine Trennung von Wirtschaftsförderung und Tourismus verzichtet, nur mit einer Organisation geschaffen werden kann. Mit der Zusammenführung als eine Regionalagentur sollte und wird heute dargestellt, dass wir als gwt, als Region StarnbergAmmersee, für die gesamte Region und alle Bevölkerungsgruppen da sind. Wir adressieren nicht nur an die Gäste. Wir sind Dienstleister für unsere Gesellschafter, unsere Gastgeber, unsere Unternehmen, unsere Gäste und ganz stark auch für die einheimische Bevölkerung. Zudem haben wir uns eine effizientere Arbeitsweise und die Hebung von Synergieeffekten versprochen. Ziel war und ist ein einheitliches Auftreten der Region.
Wie war die Wirtschaftsförderung damals aufgestellt im Vergleich zur touristischen Vermarktungsorganisation??
Die damalige gfw als Wirtschaftsförderung war klein. Zusammen mit dem staatlich geförderten Regional- und Konversionsmanagement waren wir vier MitarbeiterInnen. Der Tourismusverband war deutlich größer, schon allein deshalb, weil man mit zwei Touristinformationen wesentlich personalintensiver war. Die finanzielle Ausstattung war ähnlich wie bei der Personalverteilung, die gfw hatte 1/3 des Etats des Tourismusverbandes.
Welche Zusammenarbeit gab es bereits zwischen Wirtschaftsförderung und touristischen Organisationen?
Mit meinem Amtsantritt 2004 hat sich die Zusammenarbeit von Monat zu Monat intensiviert. Wir haben z.B. gemeinsame Veranstaltungen initiiert wie den Tourismustag. Uns war die Zusammenarbeit von Anfang an wichtig, da uns klar war, dass Tourismus und Wirtschaft bei uns in der Region nur Hand in Hand möglich sind.
Wie haben Sie den Fusionsprozess erlebt? Welche Hemmnisse gab es und wie konnten sie überwunden werden?
Das Jahr der Zusammenführung kann man nur als spannend bezeichnen. Die erste Idee war da, dann ging es aber um die Ausarbeitung eines Konzeptes, die Einbeziehung der Gremien, die Erstellung eines Finanzierungskonzeptes, die rechtliche Begutachtung der Fusion. Das war wirklich herausfordernd. Entscheidend für den Erfolg war, dass wir alle Player bei dem Prozess mitgenommen haben, wir haben in allen Räten der beteiligten Kommunen vorgesprochen, haben alle Mitarbeiter:innen kontinuierlich informiert. Nur so war es möglich, dass wir knapp zwölf Monate nach der Idee die Zusammenführung offiziell besiegeln konnten. Es klingt abgedroschen: Aber die permanente Kommunikation war der Schlüssel für den Erfolg. Wichtig war aber auch, dass alle Gesellschafter hinter der Zusammenführung standen.
Wie wurden Kompetenzen zusammengeführt?
Wir haben ein neues Organigramm erstellt und mit den Mitarbeiter:innen erarbeitet, welche Aufgaben zukünftig zu bearbeiten sind. Meistens waren die Kompetenzen nach der Zusammenführung gleich, manchmal haben diese sich verändert, das war zu kommunizieren. Wir haben dann auch die beiden Teams räumlich zusammengewürfelt, sodass es einen besseren Austausch gibt.
Was sind Ihre Grundsätze für die zukünftige Vermarktung des Wirtschaftsstandorts Starnberg in Richtung Zielgruppen Gäste und Unternehmer und Fachkräfte?
Wir müssen uns immer fragen, passt das Projekt zu unseren Werten. So haben wir von Anfang an sogenannte Alpha Projekte definiert. Das sind Projekte, wo wir für unsere Region Spitzenleistungen definiert haben. Diese möchten wir mit unseren Projekten noch schärfen, z.B. Golfregion, Wasserregion, Ausbildung etc.
Wie erleben Sie die Zusammenarbeit heute?
Die Zusammenarbeit ist wirklich klasse, wir sind zu einem Team geworden. Natürlich müssen wir weiterhin thematisch zusammenwachsen, aber das ist ein Prozess und kann nicht von heute auf morgen und mit Druck passieren. Es zeigt sich immer mehr, wie Wirtschaft und Tourismus sich in unserer Region untereinander bedingen.
Welche Synergieeffekte gibt es? Wird z.B. die Budgetplanung gemeinsam gemacht?
Von Anfang an haben wir die Budgetplanung vereinheitlicht, es gibt den Gesamtetat und Projektbudgets. Ein wunderbarer Synergieeffekt ist, dass die Mitarbeiter:innen neue Projekte erhalten, die eigentlich gar nicht zu ihrem alten Metier passen, sondern viel querschnittsorientierter sind. Ein weiterer positiver Effekt ist für die Player in der Region, dass es jetzt einen einheitlichen Ansprechpartner gibt. Es gibt natürlich auch monetäre Effekte, mit einer einheitichen IT- und Social Media Stelle können Dopplungen und Mehraufwand vermieden werden.
Wie reagierten und reagieren die Unternehmer:innen auf die neue Organisation?
Am Anfang hatten einige Unternehmen Sorge, dass die Wirtschaftsförderung bei der Zusammenführung unter die Räder des Tourismus kommt. Eine Bedingung der Zusammenführung war, dass wir eine neue Stelle in der Wirtschaftsförderung schaffen. Das hat unheimlich geholfen. Wir werden im Landkreis Starnberg als der zentrale Dienstleister angesehen.
Was raten Sie anderen Kommunen, die das Thema angehen wollen?
Eine Zusammenführung darf nicht nur „von oben“ kommen, nur weil es gerade en vogue ist. Dieser Zusammenführungsprozess benötigt Inhalte und Akteure, die die Zusammenführung auch forcieren können. Von daher ist eine gute inhaltliche Vorarbeit dringend notwendig. Die Frage „Warum und welches Ziel haben wir mit der Zusammenführung“ muss geklärt werden.